Kapitularbibliothek

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Die Kapitelsbibliothek von Verona, die sich im Herzen der Altstadt in der Nähe des Domplatzes befindet, gilt als eine der ältesten noch aktiven Bibliotheken der Welt. Ihre Geschichte beginnt im 5. Jahrhundert n. Chr., als das Skriptorium der Schola Ecclesiae Veronensis zur Abschrift von Manuskripten durch die Kanoniker des Domkapitels eingerichtet wurde. Diese Institution hat im Laufe der Jahrhunderte eine außergewöhnliche Sammlung von Manuskripten, Inkunabeln und antiken Texten zusammengetragen und ist zu einem Zentrum der Exzellenz für das Studium und die Bewahrung des Wissens geworden. Das Vermögen der Kapitelsbibliothek ist wirklich beeindruckend. Die Sammlung umfasst über 1.200 Manuskripte, 245 Inkunabeln (die ersten zwischen 1450 und 1500 gedruckten Bücher), 2.500 Bücher aus dem 16. Jahrhundert und 2.800 aus dem 17. Jahrhundert. Neben diesen antiken Schätzen besitzt die Bibliothek über 70.000 Bände, darunter Enzyklopädien, Wörterbücher, Fachpublikationen und Zeitschriften. Die Bibliothek verfügt auch über ein Labor zur Restaurierung alter Codices, ein Zeugnis des kontinuierlichen Engagements für die Bewahrung ihres unschätzbaren Erbes. Zu den berühmtesten Manuskripten der Kapitelsbibliothek gehört die “Quaestio de aqua et terra” von Dante Alighieri, die nach einem Vortrag des Dichters in Verona im Jahr 1320 in der Kirche Sant’Elena verfasst wurde. Ein weiterer prominenter Gast war Francesco Petrarca, der bei einem Besuch im Jahr 1345 in der Bibliothek die Briefe von Cicero an Atticus, Quintus und Brutus entdeckte, Werke, die als verloren galten. Diese Beispiele zeigen, wie die Kapitelsbibliothek über Jahrhunderte hinweg ein Leuchtturm der Kultur und des Wissens war, der von den größten Gelehrten seiner Zeit frequentiert wurde. Die Geschichte der Bibliothek ist geprägt von zahlreichen dramatischen Ereignissen. Während der Pestepidemie von 1630 wurden viele Bücher versteckt, um sie vor den Bauarbeiten am neuen Gebäude zu schützen. Diese Texte wurden erst 1712 dank der Bemühungen von Scipione Maffei und Carlo Carinelli wiederentdeckt, und ihre Rückgabe an die Bibliothek war ein Ereignis von großer Freude für die Stadt. Während der napoleonischen Kampagne erlitt die Bibliothek schwere Verluste durch die Plünderung vieler Bücher, von denen einige erst nach dem Sturz Napoleons im Jahr 1814 wiederentdeckt wurden. Das Hochwasser der Etsch im Jahr 1882 und die Bombardierungen des Zweiten Weltkriegs stellten weitere bedeutende Herausforderungen für die Bibliothek dar. Während des Hochwassers wurden über 11.000 Pergamente zerstört, während der Bibliothekar Giuseppe Turrini im Jahr 1945 die wertvollsten Bände retten konnte, indem er sie vor den Bombenangriffen an sichere Orte brachte. Nach dem Krieg wurde die Bibliothek vollständig renoviert und 1948 wiedereröffnet, wobei ihr historischer Charme erhalten blieb.
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